Mein Bäcker-Bonus bei Fräulein Elke 

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Ich stehe im Bäckerladen, um meine Brötchen fürs Wochenende zu erstehen. Elke, eine rassige Brünette lächelt mich erwartungsvoll an, während ich die Auslagen in den diversen Brotkörben studiere. »Wie üblich…?«, haucht sie über den Tresen.

     »Guten Morgen«, begrüße ich sie mit einem unwiderstehlichen Charme-Timbre im Bass. »Ich hätte gerne fünf Kürbiskernbrötchen und zwei Joghurtsemmel.«

     »Aber gerne«, zwitschert sie. »Übrigens, kennen Sie unser neues Bonus-System?«

Ich schüttle überrascht den Kopf. »Nein, noch nicht…«, erwidere ich irritiert, während meine Augen wohlwollend über ihre topographischen Attraktionen wandern.

     »Wenn Sie heute zwei Mini-Dreispitz-Leinsamen-Blätterteig-Eckchen und vier abgeflämmte Bio-Mohn-Knusper-Baguettes nehmen, bekommen Sie zwei Brötchen-Bonus-Punkte mehr als für die fünf Kürbiskernbrötchen. Zwei französische Schrotwecken gibt’s extra dazu.«

     »Ach….!« Vermutlich müssen die Franzosen weg, bevor sie knochenhart werden, denke ich. Aber einem geschenkten Gaul… »Ja, dann…«, murmle ich unentschlossen und blicke mich nach Alternativen um.

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Ich gestehe, früher war alles leichter. Da konnte man zwischen Milch-, Wasser- und Salzbrötchen wählen, heute braucht man enorm viel Phantasie, um sich vorzustellen, auf was man gerade Appetit haben könnte. Meine Augen wanderten spontan über den Tresen und suchten ihre schwarzen Mandelaugen. Fräulein Elke schien meine Gedanken lesen zu können und lächelt hinreißend. Um ein Haar wäre mein Blut in Wallung geraten. Doch bevor ich mich in verwegene Gedanken verstricke, werde ich unterbrochen. 

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     »Oder nehmen Sie doch zwei Dreikorn-Kümmel-Laugenschrot-Knacker…«, unterstützt mich Elke bei meiner Entscheidungsfindung, »…und wenn Sie dazu noch fünf Roggen-Käse-Feinschmecker-Stangen aus Winzerbrot-Teig kaufen, dann bekommen Sie sogar drei Brötchen-Bonus-Punkte mehr.«

     »Klingt nicht schlecht…! Und was passiert mit den Punkten?«, frage ich interessiert.

     »Ab fünfundzwanzig Punkte bekommen sie sieben Fitness-Sesam-Backstuben-Schnitten für nur einen Euro.«

     »Wunderbar«, entfährt es mir. »Aber Weizen-Mohn-Zöpfchen esse ich lieber«, wende ich mit gerunzelter Stirn ein.

     »Die gibt es nur in Verbindung mit zwei Laugenbrezeln ohne Bonuspunkte!«

     »Und was ist mit dem Ciabatta«, erkundige ich mich weiter.

     »Die sind heute im Angebot!«, höre ich sie sagen. »Mit Oliven, Paprika, oder Bio?«

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Ich überlege, wie wohl Semmeln ohne Bio hergestellt würden und welche Materialien zum Einsatz kämen, während mich die schöne Bäckerin mit einem grandiosen Augenaufschlag betört.

     »Die sind aber von gestern«, bemerkt Fräulein Elke beiläufig und greift nach einer größeren Tüte.

     »Nein, dann möchte ich doch lieber Frische! Ich mag‘s gern knusprig«, und bewundere ihr atemberaubendes Dekolleté.

     »Welche Sorte?«, flötet sie und wirft mir einen glühenden Blick zu, der mehr zur Kundenbindung beiträgt als jedes Pünktchen auf meinem Rabattkonto.

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Die Schlange hinter mir staut sich bereits auf dem Bürgersteig und es wird Zeit für eine rasche Entscheidung.

     »Wollen sie heiraten oder Brot kaufen«, knurrt eine Stimme hinter mir.

Ich beachte den Drängler hinter mir nicht. »Geben Sie mir acht doppelseitig gebackene Malz-Mehrkorn-Krüstchen und fünf Bio-Sesam-Spitzen.«

»Haben Sie Besuch?«, säuselt Fräulein Elke zuckersüß, während sie die Tüte auffüllt. Ihr investigativer Unterton war mir trotzdem nicht entgangen.

 »Nein, Hunger…«, erwidere ich und schenkte ihr ein geheimnisvolles Lächeln. 

     »Sieben Euro zwanzig! Haben sie schon ein Kärtchen, damit ich die Punkte drauf buchen kann?«

     »Nein«, antwortete ich und überlege, ob der Preis angesichts der rassigen Bedienung eine Vergnügungssteuer beinhaltete.
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Die Brünette reichte mir mit strahlenden Augen ein Heftchen und einen Kugelschreiber über die Theke. »Sie müssen das ausfüllen!«

Für Elke würde ich sogar noch meine Telefonnummer draufschreiben. Brav notiere ich meinen Namen und Adresse auf den neuen Kundenausweis und nehme meine Tüte entgegen. »Ach…, eh ich‘s vergesse…!« Ich wende mich noch einmal dem Tresen zu. »Sind Sie sicher, dass meine Daten nicht beim Verfassungsschutz landen?«

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Elke, die schöne Bäckerin ist perplex. »Ähh…«, meint sie und errötet.

     »Sie müssen das verstehen«, erwidere ich mit charmantem Unterton. »Mit den Daten wird heutzutage allerhand Unfug angestellt. Es wäre mir unangenehm, wenn man beim Verfassungsschutz meine Essgewohnheiten eines Tages gegen mich verwendet.«

Elke schaut mich konsterniert an. Der Scherz war ihr wohl zu intellektuell.

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Ich grinse und verlasse den Laden. Nun noch schnell zum Friseur. Es wäre in diesem Monat mein 10.ter Besuch und ich würde dieses Mal kostenlos geschoren werden! Was tut man nicht alles, um in diesen Zeiten ein Schnäppchen zu ergattern… Auch wenn man hinterher ’ne Glatze hat oder der großen Auswahl wegen in Entscheidungsnöte gerät und deshalb verhungert.

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